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Rezension

Die Rückkehr des Krieges

Warum wir wieder lernen müssen, mit Krieg umzugehen

Franz-Stefan Gady, (Quadriga, 2024). pp. 368.

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Franz-Stefan Gadys Die Rückkehr des Krieges beleuchtet eindringlich die sicherheitspolitischen Herausforderungen Europas und geht dabei über die rein militärische Dimension hinaus. Gady stellt fest, dass Europa nicht nur vor der realen Rückkehr von Konflikten steht, sondern vor allem eine Rückkehr zu einem sicherheitspolitisch fundierten Denken notwendig ist, das den gesellschaftlichen und politischen Umgang mit Krieg und Frieden neu bewertet. Europa, so Gady, befinde sich an einem Wendepunkt, an dem es alte Illusionen über Stabilität und friedliche Koexistenz hinter sich lassen müsse, um für zukünftige Konflikte gewappnet zu sein.

Zu Beginn des Werkes formuliert Gady die zentrale These, dass die Friedensannahme Europas gefährlich kurzsichtig ist. „Die Friedenszeit hat uns träge gemacht,“ schreibt er, und kritisiert das Versäumnis, auf die anhaltenden geopolitischen Rivalitäten angemessen zu reagieren. Für Gady ist die Rückkehr des Krieges unvermeidlich, doch fordert er, sie nicht nur als physische, sondern vor allem als geistige Herausforderung zu begreifen, die eine gesellschaftliche Akzeptanz strategischer Notwendigkeiten verlangt.

In diesem Zusammenhang stellt Gady die Illusion infrage, dass Technologie Kriege vorhersehbar und kontrollierbar machen könne. Die zunehmende Abhängigkeit von Künstlicher Intelligenz und digitalisierten Systemen in der Kriegsführung schafft, so Gady, falsche Sicherheitsversprechen, da sie die „Komplexität menschlichen Konflikts nicht ersetzen“ können. Die Digitalisierung von Konflikten führe lediglich zu einem verstärkten Bedürfnis nach strategischer Klarheit und Entschlossenheit, die letztlich von politischen und militärischen Führungsfiguren kommen muss, nicht von Maschinen.

Die zunehmende Abhängigkeit von Künstlicher Intelligenz und digitalisierten Systemen in der Kriegsführung schafft falsche Sicherheitsversprechen, da sie die „Komplexität menschlichen Konflikts nicht ersetzen“ können.

Gady zieht zur Untermauerung seiner Thesen historische Parallelen, wie etwa zum Aufstieg Chinas und den Thukydideischen Kriegen im antiken Griechenland. So illustriert er die Furcht, die Großmächte wie die USA angesichts eines aufstrebenden China empfinden, und verweist auf die „Thukydides-Falle“, die den unvermeidlichen Konflikt beschreibt, wenn eine bestehende Macht einen neuen Rivalen bedroht sieht. „Furcht vor dem Machtzuwachs der Athener zwang die Spartaner in den Krieg“. Die Lektion aus dieser historischen Parallele ist eindeutig: Europa darf sich nicht nur strategisch-militärisch, sondern auch gesellschaftlich auf eine solche Dynamik vorbereiten.

Für Deutschland sieht Gady eine besondere Rolle, da es potenziell eine zentrale sicherheitspolitische Macht in Europa sein könnte, jedoch an der nötigen strategischen Kultur und Entschlossenheit fehle: „Deutschland könnte das Rückgrat europäischer Verteidigung sein, wenn es die Realität akzeptiert“. Hier fordert er eine Transformation des politischen Denkens, das über pazifistische Einstellungen hinausgeht und die Möglichkeit militärischer Verantwortung im europäischen Kontext akzeptiert.

Insgesamt ist *Die Rückkehr des Krieges* ein aufrüttelndes Werk, das europäische Entscheidungsträger und Gesellschaften dazu auffordert, alte Illusionen abzulegen und ein sicherheitspolitisches Denken zu entwickeln, das den Herausforderungen der Gegenwart gewachsen ist. Gadys klare Analysen und historische Parallelen machen das Buch zu einem unverzichtbaren Beitrag zur sicherheitspolitischen Debatte in Europa.


Lukas Bittner; Referent in der Abteilung Militärstrategie/BMLV. Forschungsinteressen: Sicherheitspolitik, Militär-, Kriegs- und Konfliktentwicklung, hybride Konflikte. Zahlreiche Einzelartikel in Fachjournalen und Kommentare zur Sicherheitspolitik in österreichischen Tageszeitungen. Arbeitet insbesondere an der zukünftigen Konfliktentwicklung und den damit verbundenen Ableitungen für Streitkräfte. Bei den in diesem Artikel vertretenen Ansichten handelt es sich um die des Autors. Diese müssen nicht mit jenen des Bundesministeriums für Landesverteidigung übereinstimmen.


 

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