Abstract: Führen in multi- oder internationalen Einsätzen von Streitkräften erfordert ein besonders hohes Maß an Übereinstimmung. Für den Führungsprozess erforderliche Informationen sind aufgrund des ständig wachsenden Umfangs nur noch digital zu vermitteln. Dies bezieht sich insbesondere auf standardisierte Einsatzgrundsätze, Fachbegriffe und militärische Symbole. Diese sollten Führungskräften unterschiedlichster Führungsebenen mit dem Ziel einer einvernehmlichen und abgestimmten Auftragserfüllung jederzeit abrufbar und auf Kernaussagen beschränkt, auf geeigneten Endgeräten zur Verfügung stehen.
Bottom-line-up-front: Die für Führungskräfte ständige Verfügbarkeit kompakt und verständlich aufbereiteter Führungs- und Kommunikationshilfen spart Zeit, erleichtert das einheitliche Führen und kann damit entscheidend zum Erfolg einer Mission beitragen. Auf Basis persönlicher, aber fachmännisch begründeter Initiative stehen inoffizielle E-Manuals bereits seit einigen Monaten zur Verfügung und können zur Weiterbildung oder gezielten Einsatzvorbereitung über das persönliche Smartphone genutzt werden.
Problemdarstellung: Wie kann das Bemühen um einvernehmliche Lösungen in kollektiven Sicherheitssystemen in Anbetracht unterschiedlicher Interessenlagen und Führungsphilosophien gerade auf den unteren militärischen Führungsebenen mittels digitalisierter Hilfsmittel praxisnah unterstützt werden?
Was nun?: Da die Informationsvermittlung auf inoffiziellen Wegen nur eingeschränkt erfolgreich ist, hilft nur der gezielte Auf- und Ausbau von Netzwerken beziehungsweise das Weitertragen der Information durch interessierte und problembewusste Multiplikatoren.
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Gemeinsamer Einsatz von Streitkräften in Friedensmissionen
Der Einsatz international zusammengesetzter Streitkräfte im Rahmen von Friedensmissionen und im Auftrag kollektiver Sicherheitssysteme ist seit Jahrzehnten als Mittel zur Konfliktbekämpfung weltpolitische Realität. Gerade die gemeinsame Entsendung militärischer Kontingente aus unterschiedlichen Kultur- und Sprachbereichen erfordert ein übergreifendes Verständnis der Zusammenhänge und intensive Bemühungen im Interesse einer zielorientierten Problemlösung.
Insbesondere in Konfliktsituationen, in denen Menschenleben auf dem Spiel stehen und schnelles, entschlossenes Handeln gefordert ist, kann die Klarheit eines Auftrags über Leben und Tod entscheiden. Als unverzichtbare Zielsetzung muss deshalb gelten, sich trotz nationaler und kultureller Unterschiede auf einer zur Problemlösung geeigneten Ebene zu verständigen.
Diesem Grundsatz folgend, erfordert die Einbindung in Bündnissysteme unabhängig von Art, Zeit, Ort oder Umfang gegenwärtiger oder zukünftiger Einsätze von Streitkräften eine intensive militärspezifische Vertiefung der englischen Sprachkenntnisse der militärischen Führer.
Insbesondere in Konfliktsituationen, in denen Menschenleben auf dem Spiel stehen und schnelles, entschlossenes Handeln gefordert ist, kann die Klarheit eines Auftrags über Leben und Tod entscheiden.
Voraussetzungen für zielgerichtetes militärisches Handeln
Vorgaben aus den unterschiedlichen Führungsebenen müssen im Sinne der Auftragstaktik von allen im Einsatz eingebundenen Kräften vollinhaltlich und zweifelsfrei erfasst, effektiv geplant und effizient koordiniert wie auch synchronisiert umgesetzt werden. Klare Verhaltensregeln und Aufträge sind zu erteilen. Voraussetzung dafür ist eine möglichst gesamtheitliche und eindeutige Beurteilung der Lage, die nach Auswertung des Auftrags zu gemeinsam getragenen Entscheidungen und Maßnahmen führt und Missverständnisse soweit möglich reduziert oder ganz vermeidet. Eine der wichtigsten Grundlagen für zielgerichtetes militärisches Handeln in multi- oder internationalen Einsätzen ist deshalb die ständige Verfügbarkeit eines umfassenden, eindeutig definierten, auftragsorientierten und bündnisübergreifend abgestimmten Fachvokabulars und Zeichenvorrats.
Dieser ermöglicht allen am Einsatz Beteiligten, gegebene Aufträge richtig und zweifelsfrei zu verstehen, sich bei der Weitergabe im Rahmen von Befehlsausgaben unmissverständlich auszudrücken und damit die Voraussetzung für eine gemeinsame und zielorientierte Umsetzung militärischer Aufträge zu schaffen.
Nur wer seine Ziele und Aufgaben kennt und versteht, kann diese im Sinne des Auftrags umsetzen! Dieser Forderung folgend muss das Ziel sein, durch moderne, auf Kernaussagen reduzierte Ausbildungshilfen, Soldatinnen und Soldaten aller Dienstgrade, Truppengattungen und Führungsebenen von der kaum beherrschbaren Vorschriftenflut zu entlasten, die Verhaltenssicherheit zu erhöhen und damit erfolgreiches Führen zu unterstützen.
Nur wer seine Ziele und Aufgaben kennt und versteht, kann diese im Sinne des Auftrags umsetzen!
Kommunikation als Motivationsfaktor und vertrauensbildende Maßnahme
Alle am Einsatz beteiligten Soldatinnen und Soldaten sind zur Erfüllung ihres Auftrages auf eine vertrauenswürdige Zusammenarbeit und eindeutige Vorgaben angewiesen. Ein wesentlicher Motivationsfaktor und erster Schritt im Rahmen vertrauensbildender Maßnahmen ist die unkomplizierte, offene, nationenübergreifende und verständliche Kommunikation im militärischen Alltag. Diese fördert den gemeinsamen Willen, das tägliche Miteinander möglichst reibungslos zu gestalten und im gemeinsamen Einsatz füreinander Verantwortung zu übernehmen.
Soldatinnen und Soldaten aller beteiligten Nationen treffen sich in den Unterkünften, nehmen gemeinsam ihre Verpflegung ein, tauschen sich in Pausen aus, kämpfen für- und miteinander. Offene Kommunikation ist die Basis für Motivation und eine auftragsorientierte, gegenseitige Unterstützung am Einsatzort. Dies erfordert das Bemühen des Dienstherrn, sprachliche Barrieren durch möglichst plakative, zweisprachige Darstellung von Themenfeldern aus dem Gesamtspektrum eines militärischen Einsatzes, aber auch des persönlichen und kulturellen Umfeldes bereits im Vorfeld zu reduzieren. Mit dieser Zielsetzung sind ständig verfügbare Kommunikationshilfen bereits in der Vorbereitungsphase an alle Soldatinnen und Soldaten weiterzugeben. Als aktuelles Medium eignet sich das Smartphone, das gegenwärtig für moderne Menschen in nahezu allen Lebenssituationen unverzichtbar ist.
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Aus der Praxis, für die Praxis! Vom Handbuch zum E-Manual
Um praktikabel zu sein, müssen sprachliche Kommunikations- und Führungshilfen an den Erfordernissen des Einsatzes ausgerichtet sein und sich bereits in dessen Vorfeld zur Vertiefung der fachbezogenen Sprachkenntnisse im Laufe der Ausbildung oder zur persönlichen Vorbereitung auf eine bevorstehende Mission eignen. Als entscheidender Faktor der Praktikabilität spielen dabei die uneingeschränkte Verfügbarkeit und eine zielorientierte, möglichst umfassende und kompakte Vermittlung von Kernaussagen eine wesentliche Rolle.
Dieser Forderung und der fortlaufenden und unaufhaltsamen Digitalisierung Rechnung tragend, wurde in den letzten Jahren bereits eine Serie digitaler Kommunikations- und Führungshilfen für diverse Zielgruppen in- und außerhalb moderner Streitkräfte und zur Nutzung auf Smartphone & Co publiziert.
Um praktikabel zu sein, müssen sprachliche Kommunikations- und Führungshilfen an den Erfordernissen des Einsatzes ausgerichtet sein und sich bereits in dessen Vorfeld zur Vertiefung der fachbezogenen Sprachkenntnisse im Laufe der Ausbildung oder zur persönlichen Vorbereitung auf eine bevorstehende Mission eignen.
In den „ARMED FORCES E-MANUALS“ kam es mit Schwerpunkt darauf an, die persönliche Vorbereitung auf den Einsatz, das zu erwartende politische und kulturelle Umfeld im Einsatzland, den Ablauf von Operationen und die Umsetzung von Aufgaben im Zusammenspiel aller beteiligten Kräfte in Form von Prinzipskizzen, Befehlsschemen und Checklisten aufgabenorientiert, allgemeinverständlich und zusammenfassend darzustellen.
Ziel war es, Führungskräften und Soldatinnen und Soldaten in Spezialfunktionen bei der Durchführung von Aufträgen, Operationen und Aufgaben im multinationalen Einsatz, eine kompakte, stets verfügbare, zweisprachige Unterstützung in der grafischen, mündlichen und schriftlichen Befehlsgebung anzubieten und sie darüber hinaus in der zwischenmenschlichen Kommunikation mit Angehörigen anderen Nationen zu unterstützen.
Praktikabilität im Vergleich
Beim Vergleich der Vor- und Nachteile verfügbarer Ausbildungshilfen liegen die entscheidenden Vorteile beim E-Manual:
- Dieses ist mit seiner unvergleichbaren Datenmenge im Hinblick auf die Vermittlung von Fachwissen ohne Konkurrenz.
- Da Smartphone & Co inzwischen den Alltag bestimmen und nur in seltenen Notfällen nicht „am Mann oder der Frau“ sind, ist die Verfügbarkeit im Gegensatz zum Handbuch nahezu durchgehend gewährleistet.
- Die Möglichkeit, über entsprechende Verlinkungen im gesamten Internet die Informationsmenge bedarfsgerecht zu verdichten, ist ein weiterer Vorteil der digitalen Lösung.
- Die Aktualisierung von Inhalten ist im Gegensatz zum Handbuch kurzfristig möglich, da vor einer Neuauflage nicht der Abverkauf der alten Auflage abgewartet werden muss. Dies betrifft insbesondere auch die erwünschte Mitarbeit der Nutzer, die mit Änderungsvorschlägen und Ergänzungen an der Weiterentwicklung des Mediums teilhaben können und sollen.
- Die Möglichkeit zur Mitnahme von Büchern ist angesichts der Gepäckbegrenzung im Rahmen von Auslandseinsätzen stark eingeschränkt. Das Smartphone ist als Bindeglied zu Familie und Außenwelt jedoch unverzichtbarer und treuer Begleiter in der Jackentasche!
- Die Abhängigkeit von einer Stromquelle erfordert vorausschauende Planung beziehungsweise ergänzende Nutzung von „Powerbanks“, um diese Schwäche auszugleichen.
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Sinnvolle Nutzung von Ausbildungshilfen
Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass weder das E- Manual, noch das Handbuch vorrangig dazu dienen, in konkreten Einsatzsituationen kurzfristige Hilfestellung zu geben. Beide bieten vielmehr die permanente Möglichkeit, wann immer im militärischen Alltag oder Verlauf eines Einsatzes Zeit bleibt, zusätzlichen Informationsbedarf abzudecken beziehungsweise sich in Erwartung einer speziellen Aufgabe sorgfältig auf diese vorzubereiten. An den Erfordernissen des militärischen Einsatzes ausgerichtet, eignen E-Manuals sich jedoch nicht nur zur Vertiefung der fachbezogenen Sprachkenntnisse im Laufe der militärischen Ausbildung oder zur persönlichen Vorbereitung auf eine bevorstehende Mission, sondern durch die konstant auf Smartphone & Co verfügbaren Informationen auch als ständiger Begleiter und Ratgeber bei Übungen und Einsätzen mit internationaler Beteiligung.
Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass weder das E- Manual, noch das Handbuch vorrangig dazu dienen, in konkreten Einsatzsituationen kurzfristige Hilfestellung zu geben. Beide bieten vielmehr die permanente Möglichkeit, wann immer im militärischen Alltag oder Verlauf eines Einsatzes Zeit bleibt, zusätzlichen Informationsbedarf abzudecken beziehungsweise sich in Erwartung einer speziellen Aufgabe sorgfältig auf diese vorzubereiten.
Viele Nationen, ein gemeinsames Ziel, eine Sprache!“
In Zusammenarbeit mit ehemaligen Lehrgangsteilnehmern und Dozenten aus der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg sind in den letzten Jahren einige nationale Versionen des E-Manuals „MILITARYOPERATIONS“ entstanden, die jeweils in der Nationalsprache in Verbindung mit Englisch publiziert wurden. Aufgrund der besonders intensiven, bilateralen Zusammenarbeit ist zurzeit eine niederländische und eine französische Version verfügbar. Um insbesondere auch jüngeren NATO-Mitgliedern die Einbindung in den standardisierten, englischsprachigen Führungsprozess zu erleichtern, stehen darüber hinaus eine polnische und eine albanische Version zur Verfügung.
Fazit
- Nur wer seine Ziele und Aufgaben kennt und versteht, kann diese im Sinne des Auftrags umsetzen!
- Zielgerichtete und erfolgreiche Umsetzung von Aufträgen erfordert Kommunikations- und Führungshilfen, die in jeder Lage und über 24h verfügbar sind und die Kernaussagen übersichtlich, verständlich und kompakt zusammengefasst darstellen.
- E-Manuals setzen insbesondere unter den Aspekten Informationsumfang, Verfügbarkeit und kurzfristige Aktualisierungsmöglichkeiten Maßstäbe.
Rainer Oestmann war Kompaniechef in der Panzerjägertruppe, Kommandeur eines Panzerbataillons in Schleswig-Holstein, G1 einer Division und Generalstabsoffizier und Dozent an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. Mit der Zielsetzung, Erfahrungen kompakt und verständlich weiterzugeben, hat ihn sein Hobby als militärischer Fachautor bis heute begleitet. Im gesamten deutschsprachigen Raum konnte er insbesondere mit „Dazu befehle ich..!“, „Führen mit Auftrag“, der „Multinationalen Befehlsausgabe“ und zahlreichen weiteren Handbüchern und CD-ROM vielen Soldatinnen und Soldaten aller Teilstreitkräfte und Dienstgradgruppen praxisorientierte Hilfsmittel für Ausbildung und Einsatz anbieten.