Strategie für Entscheidungsträger im 21. Jahrhundert
Lennard Souchon, (Hamburg, 2024). 348 pp.

Lennard Souchons Die Renaissance des Carl von Clausewitz ist eine ambitionierte und zeitgemäße Untersuchung darüber, wie die Ideen des preußischen Theoretikers weiterhin das moderne strategische Denken prägen. Weit davon entfernt, ein verstaubtes Relikt der Militärtheorie des 19. Jahrhunderts zu sein, präsentiert Souchon Clausewitz als eine Gestalt, die in den aktuellen Debatten über Krieg, Politik und Sicherheit neue Vitalität erfährt.Im Zentrum des Buches steht ein klares Argument: Clausewitz’ Werk, insbesondere Vom Kriege, bleibt unverzichtbar für das Verständnis der dynamischen Beziehung zwischen Gewalt und Politik. Souchon stellt die Annahme infrage, Clausewitz sei ein überholter Denker, der ausschließlich in die napoleonische Epoche gehöre. Stattdessen zeigt er, wie die zentralen Konzepte des Theoretikers – Friktion, der „Nebel des Krieges“ und das Primat der Politik – nach wie vor für die heutige strategische Praxis relevant sind.
Clausewitz’ Werk, insbesondere Vom Kriege, bleibt unverzichtbar für das Verständnis der dynamischen Beziehung zwischen Gewalt und Politik.
Das Buch ist so aufgebaut, dass es intellektuelle Strenge mit Zugänglichkeit verbindet. Souchon führt die wichtigsten Kategorien von Clausewitz sorgfältig wieder ein und verknüpft sie mit aktuellen strategischen Herausforderungen. Besonders überzeugend ist seine Auseinandersetzung mit hybrider Kriegführung, Cyber-Bedrohungen und der zunehmenden Rolle von Technologie in bewaffneten Konflikten. Damit unterstreicht er, dass Clausewitz’ analytische Werkzeuge weiterhin entscheidend sind, um die verschwimmenden Grenzen zwischen Krieg und Frieden zu verstehen.Souchon geht auch auf die Kritik an Clausewitz ein, erkennt dessen eurozentrische Perspektive sowie die Grenzen der Anwendung von Konzepten des 19. Jahrhunderts auf globalisierte Konflikte an. Dennoch gelingt es ihm zu zeigen, dass diese Kritik Clausewitz keineswegs obsolet macht, sondern vielmehr die Flexibilität seines Denkens verdeutlicht, wenn es im heutigen Kontext neu interpretiert wird. Die von Souchon identifizierte „Renaissance“ bedeutet keine unkritische Verehrung, sondern eine Neuinterpretation von Clausewitz für die Strategie des 21. Jahrhunderts.Eine der Stärken des Buches ist seine Klarheit. Obwohl es tief in akademische Diskurse eingebettet ist, vermeidet Souchon unnötigen Jargon und bietet eine kohärente Darstellung, die sowohl für Spezialisten als auch für Leser, die mit strategischer Theorie weniger vertraut sind, geeignet ist. Sein Hintergrund in den Militärwissenschaften bereichert den Text mit praktischen Einsichten und überbrückt die Kluft zwischen Theorie und Praxis.
Souchon vermeidet unnötigen Jargon und bietet eine kohärente Darstellung, die sowohl für Spezialisten als auch für Leser, die mit strategischer Theorie weniger vertraut sind, geeignet ist.
Allerdings könnten Leser, die eine rein kritische oder dekonstruierende Auseinandersetzung mit Clausewitz erwarten, Souchons Bewunderung stellenweise als zu ausgeprägt empfinden. Seine Überzeugung von Clausewitz’ fortdauernder Relevanz überschattet gelegentlich eine intensivere Auseinandersetzung mit alternativen theoretischen Traditionen. Dennoch schmälert dies nicht den Wert des Buches als eindringlichen Aufruf, eine kanonische Figur mit neuen Augen zu betrachten.
Die Renaissance des Carl von Clausewitz ist eine wertvolle Ergänzung im Bereich der Strategiestudien. Es gelingt, Clausewitz’ Werk nicht nur als historischen Bezugspunkt, sondern als lebendiges Denksystem zu zeigen, das weiterhin inspiriert, herausfordert und die Beschäftigung mit Krieg und Strategie im 21. Jahrhundert anleitet.
Matthias Wasinger ist Oberst des Generalstabsdienstes des Österreichischen Bundesheeres. Er hat einen Magister in Militärischer Führung (Theresianische Militärakademie), einen Master in Operational Studies (US Army Command and General Staff College) sowie ein Doktorat in Interdisziplinären Studien (Universität Wien). Er diente sowohl international als auch national auf allen Ebenen der Führung. Zudem ist er Gründer und Chefredakteur des Defence Horizon Journal. Die in diesem Beitrag geäußerten Ansichten sind ausschließlich die des Autors.








